Wie präzise misst Radar –

Einflussfaktoren auf die Messgenauigkeit der Radardetektion.

Radarsensoren gewinnen zunehmend an Relevanz, auch im industriellen Bereich. Dank technischen Fortschritts ist die Sensortechnologie auch für Integratoren ohne spezifisches Radarentwicklungswissen attraktiv. Um die Funktionsweise, die Eigenschaften der Technik und deren Zusammenhänge in der Praxis nachvollziehbarer zu machen, liefert Ihnen InnoSenT in diesem Artikel wichtige Hintergrundinformationen über die Messgenauigkeit von Radar sowie deren Einflussfaktoren.

Wie genau kann ein Radar messen?

Die Antwort auf die Frage besteht aus einer guten und schlechten Nachricht. Wie genau Radartechnik misst, ist leider nicht pauschal zu beantworten. Dies ist nämlich von der technischen Ausarbeitung des Sensors abhängig, welche sich in der Regel nach dem späteren Verwendungszweck ausrichtet. Radarexperten müssen für die Entwicklung eine Vielzahl von physikalischen Effekten und Einflussfaktoren berücksichtigen, um die maximale Messgenauigkeit für das Produkt und dessen Anwendung zu erzielen. Sie finden die ideale Balance zwischen Parametern der Sende- und Empfangsleistung und anderen Produktanforderungen wie beispielsweise Reichweite oder Zykluszeit.

Die Messgenauigkeit von Radaren

Die Genauigkeit von Sensoren gibt an, wie präzise die verschiedenen Messgrößen bzw. Radardaten bestimmt werden können. Sie zeigt den kleinsten messbaren Unterschied an. Beispielsweise, wie genau die Geschwindigkeitsermittlung erfolgt und wann welche Messabweichungen entstehen. Diese Abweichungsrate ist als Plus/Minus Toleranz beschrieben.

Achtung Verwechslungsgefahr: Die Genauigkeit wird manchmal versehentlich mit der Radarauflösung gleichgesetzt. Doch die Radarauflösung beschreibt das Trennvermögen eines Radars. Sie gibt an, wie gut nahe beieinander befindliche Objekte unterscheidbar sind. Dies ist insbesondere bei der Mehrzieldetektion oder exakten Lokalisierung im Raum relevant. Die Genauigkeit gibt an, wie präzise das Radar die Werte der einzelnen Messdimensionen ausgibt.

Einflussfaktoren der Messgenauigkeit

Grundlegend ist die Präzision des Radars abhängig von dem Verhältnis aus Sende- und Empfangsleistung. Verfügen die Sensoren über eine bessere Sende- und Empfangsleistung, ist die Messung präziser, da die Datenqualität höher ist. Zudem gilt, je mehr Messdaten zu Verfügungen stehen, desto valider sind die Objektinformationen.

Entwickler arbeiten an verschiedenen Stellschrauben, um ein optimales Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu erzielen. Außerdem beinträchtigen weitere Störsignale beispielsweise aus der Umgebung die Detektion. So wirken gleich mehrere Faktoren und Effekte auf die Detektionsgenauigkeit ein.

Welche Aspekte für eine möglichst hohe Messgenauigkeit zu berücksichtigen sind, haben wir folgend für Sie aufgeführt.

Einflussfaktoren im Zusammenhang mit SNR (Signal-to-noise-Ratio – Signal-zu-Rausch-Verhältnis)

  • Die Messzeit

Je mehr Messzyklen (Frames) zu Verfügung stehen, desto besser ist die Genauigkeit der Messung. Betrachtet ein Radar ein Objekt, so erhält der Sensor über die Zeit hinweg mehr Messpunkte und es stehen dem Sensor mehr Daten zur Auswertung zu Verfügung. Ist die Informationsbasis über das Objekt möglichst umfangreich, so ist das Detektionsergebnis besonders aussagekräftig, zuverlässig und umso genauer.

Doch häufig sind in der Endanwendung sehr schnelle Messungen gefragt, beispielsweise um möglichst früh eine technische Reaktion bei der Objekterfassung auszulösen. So müssen die Entwickler meist die richtige Relation der Detektionszeit und der Genauigkeit für den jeweiligen Verwendungszweck abwägen. Denn wenn beispielsweise möglichst schnell Informationen abrufbar sein sollen, muss die Messdauer womöglich kürzertreten.

  • Die Frequenz

Bei höheren Frequenzen wie 60 oder 77 GHz stehen in der Regel auch größere Bandbreiten zur Verfügung. Die Bandbreite bestimmt, wie viele unterschiedliche Signale das modulierte Radar sendet und als Reflexion empfängt.

Der gesendete Frequenzimpuls durchläuft die gesamte Bandbreite. Es stehen mehr Frequenzen für die Modulation zu Verfügung. Bei hohen Frequenzen sendet und empfängt das Radar mehr Signale und kann sie aufgrund der schmaleren, exakten Peaks eindeutiger einem Ziel zuordnen. Dadurch sind eine bessere Auflösung und Genauigkeit erzielbar.

Bei der Detektion von bewegten Objekten verursacht der Doppler-Effekt eine Frequenzverschiebung, also eine zeitliche Stauchung oder Dehnung des Radarsignals. Diesen Effekt machen sich Radarentwickler für die Messung von Geschwindigkeiten zu Nutze. Bei einer höheren Sendefrequenz ist auch die Dopplerfrequenz höher. Dadurch ist eine genauere Geschwindigkeitsermittlung möglich, da geringere Bewegungsgeschwindigkeiten messbar sind.

  • Die Sendeleistung

Schickt das Radar ein stärkeres Signal aus, erhält es auch einen größeren Teil der Energie nach Reflexion an einem Objekt zurück. Eine höhere Sendeleistung wirkt sich auch auf das Rauschen aus, da dieses zwar gleich bleibt, aber das Radarsignal deutlicher davon abhebt. Die Problematik ist jedoch, dass die Sendeleistung nicht beliebig ist. Sie unterliegt strengen Regularien, die für eine gleichmäßige Auslastung der Frequenzen sorgen. So sollen Überlastungen oder Störungen und Gesundheits- sowie Sicherheitsrisiken vermieden werden.

  • Die Empfangsleistung

Wie gut ein Radar einzelne Detektionen empfängt, ist vom Antennengewinn auch somit von dem Antennendesign abhängig.

  • Die Entfernung

Breiten sich Radarwellen frei aus, wird das Signal mit zunehmender Entfernung immer schwächer. Objekte in weiter Ferne reflektieren nur ein Bruchteil des bereits schwachen Signals. Das Radar erhält somit weniger Messpunkte zur Auswertung. Die Detektion ist somit über die Entfernung hinweg immer ungenauer.

  • Die Bauteile

Bei der Entwicklung eines Radargerätes müssen die Bauteile-Kosten und die Performanz gegeneinander abgewogen werden. Hochwertige Bauteile für die Schaltung haben beispielsweise ein deutlich geringeres Rauschen.

Weiterer Einflussfaktor bei der Mehrzieldetektion

  • Die Winkelauflösung

Bei der Erfassung eines einzelnen Ziels ist insbesondere das Signal-zu-Rausch-Verhältnis ausschlaggebend für die Genauigkeit. Bei der Mehrzieldetektion spielt zudem die Auflösung (Trennfähigkeit) eine wichtige Rolle. Das Auflösungsvermögen eines Radars trägt dazu bei, die Eindeutigkeit der Zielerkennung zu verbessern. Eine höhere Auflösung bedeutet, dass Ziele über mehrere Dimensionen trennbar sind. So sind nah beieinander positionierte Objekte deutlicher auseinanderzuhalten.

Einflüsse durch unbekannte Messbedingungen

  • Das Objekt

Verschiedene Formen und Materialien lassen sich mittels Radars besser oder schlechter erfassen. Hier spielt der RCS, also der Radarquerschnitt eines Objekts, eine wichtige Rolle. Er zeigt, wie hoch die Entdeckungswahrscheinlichkeit eines Ziels ist. Objekte mit einem größeren RCS-Wert sind genauer detektierbar.

  • Die Umgebung

Selten herrschen in der Praxis optimale Messbedingungen ohne Störfaktoren. Andere technische Geräte oder Gegenstände im Erfassungsbereich können Störungen oder Streuverluste verursachen. Auch Wetterbedingungen können sich negativ auf die Messgenauigkeit auswirken. Fehldetektionen verursacht durch Windbewegung sind nur durch aufwendige Filterfunktionen zu reduzieren.

Möglichkeit der Optimierung der Messgenauigkeit

Ist die Hardware des Radarsystems bereits optimiert, ist im Nachgang mit Hilfe intelligenter Algorithmen eine weitere Optimierung der Messgenauigkeit möglich. Verschiedene Filter für die Unterdrückung von Rauschen, Störsignalen oder zur Ausgleichung verschiedener Effekte, die bei Messungen entstehen, machen das Messergebnis genauer.

Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung der Tracking-Funktion. Hier clustert das System einzelne Radardetektionen zu einem Objekt und verfolgt dieses über die Zeit hinweg. Grundlegend gilt bei der nachgelagerten Signalverarbeitung: Je besser die Messwerte und geringer die Streuung, desto genauer ist auch das Tracking, da die Algorithmen weniger kompensieren müssen.

Einige Herausforderungen der Messgenauigkeit sind mit technischer Umsetzung auszugleichen, andere sind trotz Highend-Technik kaum zu vermeiden. Beispielsweise äußere Einflüsse wie örtliche Gegebenheiten, Wetter und das zu erfassende Objekt sind in der Regel nicht bei der Produktentwicklung eindeutig vorhersehbar. Die Hersteller müssen meist einen Kompromiss oder die richtige Balance der verschiedenen Einflussfaktoren finden, um die maximale Messgenauigkeit für die spezifische Endanwendung des Radars zu erzielen.

Anwendungsbeispiele

Hochpräzise Radarmessung im Millimeterbereich ist für Radarexperten wie InnoSenT kein Problem. Ein Produktbeispiel ist das Radarsystem iSYS-6030. Es überzeugt mit einer hohen Auflösung und Präzision bei der Abstandsmessung. Das Unternehmen entwickelte das Produkt speziell für die Anwendungsbereiche Füllstandsmessung und Kollisionsschutz, die hohe Anforderungen an die Messgenauigkeit stellen.

Titelbild Quelle: © khanchit by adobestock.com

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Die Nachfrage nach Sensoren steigt aufgrund Trends wie Digitalisierung, Automatisierung in der Industrie & Logistik, Smart Home & City und das autonome Fahren. Doch die Entwicklung und Integration von Radargeräten ist ein komplexes Thema. Die Fachbegriffe und Funktionen werfen für Anwender viele Fragen auf. Unsere Radarexperten haben für Sie umfangreiche Informationen bereitgestellt, um Ihnen den Einstieg in die Welt des Radars zu erleichtern.