Design eines Radoms –

Erste Überlegungen vor dem Bau eines Radargehäuses.

 

Radarantennen sind zu ihrem eigenen Schutz häufig hinter einem Gehäuse platziert. Aufgrund der besonderen Eigenschaften von Radarwellen und von Effekten beim Messverfahren ist die Entwicklung eines Radoms sehr komplex. Dennoch möchten wir Ihnen in diesem Artikel erste Anhaltspunkte für das Radomdesign geben. Anhand von Beispielwerten zeigen wir Ihnen auf, welche Aspekte bei der Konstruktion zu berücksichtigen sind. Dieser grobe Einblick ersetzt nicht die erforderlichen Berechnungen und Tests, die notwendig sind, um ein zuverlässiges Radom zu fertigen.

Woraus besteht ein Radarsensor?

Radarsensoren als Ganzes haben verschiedene Bestandteile:

  • die Mikrowellenkomponente mit Antennenstruktur (Radar Front end)
  • Bauteile für die Signalverarbeitung (je nach Systemlevel)
  • Optionale Elemente: ein Radom, Gehäuse, Linse oder Bauteilträger

Radom, Sensor Frontend, Signalaufbereitung &-verarbeitung, Interface

Abbildung 1: Grundkomponenten eines Radarsystems. (Bildquelle: InnoSenT)

Im Frontend (RFE) findet die eigentliche Radardetektion statt, da hier die Antenne elektromagnetische Impulse sendet und empfängt. Die darüber erhaltende Information gibt das Frontend an die Signalverarbeitung weiter. Für die Fokussierung des Radarbeams sind manchmal Linsen vor der Antenne platziert. Ein Beispiel hierfür ist das Radarsystem iSYS-6030 von InnoSenT.

Schritt 1: Wozu benötige ich ein Radom?

In der Regel sind die Sensoren auch mit einem Gehäuse zum Schutz der Radarantenne und den elektronischen Komponenten ausgestattet. Dies soll das Frontend vor äußeren Einflüssen wie witterungsbedingten Schäden oder Vandalismus schützen. Aber auch die Optik kann ein Grund für die Verkleidung sein. Radar durchstrahlt verschiedene Materialien. Deswegen sind die Sensoren auch versteckt in einem bestehenden Produktdesign platzierbar. Ein Beispiel hierfür ist die Integration eines Radars in die Stoßstange des Autos oder ein Touchless Switch System in einer Kaffeemaschine.

Anstatt von einem Schutzgehäuse sprechen Radarexperten von einem „Radom“. Das Wort setzt sich aus den Begriffen „Radar“ und „Dome“ (dt. Kuppel) zusammen und beschreibt die kuppelförmige Abdeckung, die häufig bei großen, stationären Radarsystemen für den Luft- und Schifffahrtsbereich angebracht sind.

Doch auch in der Industrie oder bei kommerziellen Anwendungen profitieren Sensoren und Systeme von einem Radom. Sie schützen die Antennenfunktion vor mechanischer Abnutzung, Verschmutzung, Kratzer oder chemischer Beeinträchtigung. Die Gestaltung des Gehäuses muss auf die Antennenkonstruktion und die Radareigenschaften optimal abgestimmt sein. Dies startet mit der Auswahl des passenden Materials.

Schritt 2: Die Wahl des Materials

Das Material spielt eine zentrale Rolle. Doch nicht alles ist gleichermaßen für die Konstruktion eines Radoms geeignet. Wenn Radarwellen auf ein Objekt oder eine Person treffen, beeinflusst die Beschaffenheit der Oberfläche an dem Treffpunkt die Ausbreitung und Reflexion der elektromagnetischen Wellen. Manche Materialien sind leicht zu durchstrahlen, andere reflektieren oder absorbieren den Radarbeam zu stark.

Folgende Tabelle stellt das Verhalten von Radarwellen dar, wenn sie auf diverse Materialien treffen. Unter Berücksichtigung dieser Eigenschaften ist es möglich, das geeignete Material zu wählen.

MATERIAL ABSORPTION REFLEKTION DURCHDRINGUNG
Metal Keine Bei Direkteinfall: vollständig; Bei Diagonalen Einfallswinkel: Brechung und Teilreflektion möglich Praktisch unmöglich, nur Milimeterbruchteile dringen in die Oberfläche ein (Skin-Effekt)
Holz (abhängig von der Feuchtigkeit) Mittelmäßig bis stark Gering Gering
Wasser Sehr stark Je nach Einfallswinkel: Teilweise oder vollständige Reflexion möglich Keine, aufgrund der Absorption
Schäume (z.B. Polystyrol) Gering Keine Sehr gut
Kunststoffe Gering bis stark (abhängig von dem gewählten Material und dessen Dicke) Gering bis stark (abhängig von der Art des gewählten Materials, Materialdicke und Entfernung) Gering bis stark (abhängig von der Art des gewählten Materials, Materialdicke und Entfernung)

Tabelle 1 Übersicht der Absorption, Reflexion und Durchstrahlung von Radarwellen.

Ein Radom soll die Antenne zwar schützen, aber muss das gesendete und zu empfangene Signal mit möglichst geringen Verlusten der Signalstärke durchlassen. Metall ist zwar aufgrund der Reflexion sehr leicht zu detektieren, aber als Radom aufgrund der Signalblockierung ungeeignet. Gehäuse aus Holz sind ebenfalls problematisch, da sie nur begrenzt Impulse durchlassen.

Schäume wie Polystyrol hingegen eignen sich sehr gut für eine Verkleidung des Frontends. Sie sind sogar direkt auf die Antenne platzierbar. Eine Herausforderung ist jedoch ihre geringe Stabilität und Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien, welche die Schutzwirkung des Gehäuses herabsetzen kann.

Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff.

Radarwellen durchdringen Kunststoffe. Für das Radomdesign sind sie deswegen die beste Wahl. Doch auch hier sind verschiedene Parameter zu berücksichtigen, denn es gibt eine enorme Variation an Kunststoffen. Je nach Beschaffenheit eignen sie sich besser oder schlechter für die Konstruktion.

Enthält der Kunststoff zusätzlich andere Stoffe, wie z. B. Kohlenstoff bei schwarzen Kunststoffen, kann dies auch Messverluste bewirken.

Auch Lacke, die häufig auf Kunststoffen aufgetragen werden, können die Durchstrahlung negativ beeinflussen. Wasseransammlungen aufgrund einer rauen oder unebenen Oberfläche können die Detektion beeinträchtigen.

Maße & Ausrichtung eines Radoms

Nachdem Sie sich wahrscheinlich für ein Kunststoffradom entschieden haben, folgen nun weitere Überlegungen. Für den Bau eines Schutzgehäuses ist neben der Art des Materials auch die genaue Positionierung und Form zu berücksichtigen.

Um die Radarfunktion nicht zu stören, müssen Sie bei der Gestaltung grundsätzlich diese drei Aspekte beachten:

  • Die Position: Abstand und Ausrichtung des Radoms zur Antenne
  • Die Materialdicke
  • Die Form

Diese Faktoren nehmen Einfluss auf die Reflexion und die Absorption. Sie sind die Stellschrauben, in welcher Qualität der Sensor Signale sendet und empfängt. Je dicker das Material und je kleiner der Abstand, desto geringer durchdringen Radarwellen den Kunststoff.

Schritt 3: Die richtige Positionierung.

Das Antennendesign ist ausschlaggebend für die Richtwirkung und die Ausgestaltung des Erfassungsbereichs des Radars. Die Positionierung eines Radoms vor der Antenne hat Auswirkungen auf die Ausbreitung der Radarwellen. Um keine Beeinträchtigungen beim Aussenden und Empfangen der elektromagnetischen Wellen zu verursachen, ist eine homogene Dämpfung wichtig. In der Praxis bedeutet dies, dass ein gleichmäßiger Abstand des Radoms zur Antenne an jeder Stelle gegeben sein muss (parallele Anordnung). Selbst geringe Abweichungen wie eine kleine Kerbe an der Radomunterseite verändert die Radarwellenausbreitung.

Schräge Radome wirken sich zudem nachteilig auf die korrekte Reflexion aus. Das gilt gleichermaßen für abgerundete Enden, Vorsprünge, Verstärkungen oder Rillen im Material (siehe Abbildung).

Bilduntertitel: Links ist eine falsche Positionierung zu sehen. Das Radom hat eine unebene Oberfläche und ist nicht parallel zur Antenne positioniert. Das rechte Bild zeigt die korrekte Positionierung mit gleichmäßigen Abständen eines Radoms. (Bildquelle: InnoSenT)

Schritt 4: Wie bestimme ich den richtigen Abstand?

Dabei sind physikalische Regeln der Radartechnik zu berücksichtigen. Anschaulicher wird dies mit folgendem Beispiel für 24 GHz Sensoren.

  • Die Wellenausbreitung ist am wenigsten gestört, wenn sie auf das Radom genau in halber Wellenlänge (oder einem Vielfachen davon) treffen.
  • Das heißt, Sie müssen die Abdeckung parallel zur Antennenoberfläche (Wellenzentrum) in einem Abstand von (oder einem Vielfachen) positionieren.
  • Bei der Frequenzmitte von 24.125 GHz (mit einer halben Wellenlänge von ungefähr 6,2 mm) beträgt der optimale Abstand ca. 6,2 mm.

Schritt 5: Die richtige Materialstärke herausfinden

In ähnlicher Weise wie der richtige Abstand, ist auch die Materialdicke bestimmbar. Denn der Eintritt und Austritt der Radarwellen muss sich innerhalb der halben Wellenlänge befinden, um die Störung deren Ausbreitung zu minimieren. Das heißt, auch die Materialstärke wählen Sie für die Hälfte der Wellenlänge geeignet aus.

Doch bei der Materialdicke ist zusätzlich auch die Substanz des Materials zu berücksichtigen. Genauer gesagt, wie die Radarwelle durch die Materialart beim Eindringen/Durchstrahlen des Radoms verändert wird. Die Anpassung erfolgt anhand der recherchierbaren Leitfähigkeit (dielektrische Funktion ε oder auch Primitivität genannt) des gewählten Materials. Denn durch das Durchstrahlen ist die Wellenlänge verkürzt. Es muss eine Anpassung um den Faktor  erfolgen.

Bei Kunststoffen liegt die Dielektrizitätskonstante in der Theorie zwischen drei und vier. Aufgrund der zahlreichen Variationen des Materials kann diese Zahl jedoch in der Praxis sehr abweichen, deswegen empfiehlt sich eine genaue Bestimmung.

Mithilfe eines fiktiven Beispiels (siehe Abbildung) führen wir dennoch eine Berechnung zur Veranschaulichung durch. Hierfür nehmen wir einfach den Mittelwert von 1,5.

Mit der Formel  ist nun die Materialdicke ermittelbar. Diese würde entsprechend den Werten von einer Wellenlänge λ von 24,125 GHz geteilt durch 2 (Ergebnis: 6,2 mm) und anschließender Division durch die Wurzel des Verkürzungsfaktors von 1,5 (Dielektrizitätszahl) eine Materialdicke von ungefähr 4 mm betragen.

Abbildung 3: Beispielrechnung für die richtige Materialdicke eines Radoms. (Bildquelle: InnoSenT)

Theorie vs. Praxis

Je nach Anwendungsfall können die Überlegungen, Planung und die Gestaltung des Radoms viel Zeit in Anspruch nehmen. Denn die Bestimmung der notwendigen Werte sowie das Produktdesign und beispielsweise die Integration in ein Fahrzeug können simpel oder sehr komplex ausfallen.

Für andere Einsatzbereiche von Radar, insbesondere sehr einfache Radaranwendungen im LowCost-Bereich, ist die Gestaltung eines Radoms sehr gut mit Pi-mal-Daumen-Werten umzusetzen. Für die einfache Bewegungsdetektion bei zum Beispiel der Türöffnung reicht es aus, grobe Daten für die Berechnungen zu nutzen ohne die Funktion des Sensors maßgeblich zu beinträchtigen. Für das Design eines Radoms aus Kunststoff empfehlen unsere Radarexperten hier eine generelle Materialdicke von 2 mm und einen Abstand von 6 mm. Um eine optimierte Perfomance zu erzielen, bedarf es auch hier eine genauere und komplexere Berechnung.

Um Ausschuss und Einschränkungen bei der Radardetektion zu vermeiden, beraten Sie gerne unsere Radarexperten bei der Konstruktion eines passenden Radoms.

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Die Technik auf dem Radar

Informationen zur fortschrittlichen Sensortechnologie

Die Nachfrage nach Sensoren steigt aufgrund Trends wie Digitalisierung, Automatisierung in der Industrie & Logistik, Smart Home & City und das autonome Fahren. Doch die Entwicklung und Integration von Radargeräten ist ein komplexes Thema. Die Fachbegriffe und Funktionen werfen für Anwender viele Fragen auf. Unsere Radarexperten haben für Sie umfangreiche Informationen bereitgestellt, um Ihnen den Einstieg in die Welt des Radars zu erleichtern.